Psychotherapiepraxis Nürnberg, Eckental
Psychotherapie Nürnberg

Donnerstag, 25 August, 2016

Die unendlichen Affen

Affe an einer Schreibmaschine

Neulich in der Mittagspause unterhielt ich mich mit einem guten Bekannten, einem NLP Trainer aus Nürnberg. Wir philosophierten ein wenig und er brachte im Laufe des Gesprächs, in dem es um die Probleme in der Welt ging, einen Satz, der in etwa lautete: „Man kann es nicht mit dem Verstand lösen. Es ist so, als säßen wir vor einer Schüssel Milch und

haben einen viel zu kleinen Löffel, um sie zu Sahne zu schlagen.“

Im Laufe des Tages habe ich dann ein wenig weiter vor mich hin philosophiert, wobei ich bewusst das Wort philosophieren gebrauche, denn für mich ist philosophieren etwas anderes, als nachzudenken oder zu grübeln. Philosophieren hat für mich etwas absichtsloses, also im Gegensatz zu einem Grübeln ist es ohne den inneren Zwang, zu einer Lösung zu kommen.

Zunächst stieß ich mich zuerst an dem WORT Verstand. Ich fragte mich: Wenn etwas nicht über den Verstand lösbar ist: Über was dann? Um meinem Bekannten aus Nürnberg zu verstehen, wäre es wohl erst einmal notwendig, zu fragen: „Was heißt für Dich Verstand? Wie belegst Du dieses WORT, welche Be-Deutung hat es für Dich? Trennst Du z.B. Herz (= Gefühl) und Verstand (=Kopf), so wie manche Leute Bauch und Kopf trennen?“

Lässt sich das eigentlich trennen, Verstand und Gefühl? Oder entspringt nicht Herz dem Verstand bzw. Verstand dem Herzen? Bedingt das eine nicht das andere, ist abhängig von der Be-Deutung, die wir dem beimessen, was wir mit unseren Sinnesorganen aufnehmen, also was wir aus dem, was wir sehen, hören, riechen, schmecken oder tasten machen?

Dann bin ich zu dem Bild mit der Schüssel Milch gekommen. Ich stellte mir vor, ich sitze vor einer Schüssel Milch und habe einen viel zu kleinen Löffel, um sie zu Sahne zu schlagen. Es mit dem Verstand zu lösen würde bedeuten: Ich hocke mich vor die Schüssel und überlege und grüble, wie ich die Milch zur Sahne bekomme, gehe verschiedene Wege im Kopf durch … und komme letztendlich nicht weiter, denn die Milch bleibt dabei Milch, es bewegt sich nichts.

Eine andere Möglichkeit wäre: Ich fange an, mich zu bewegen, probiere aus, wie es mit dem kleinen Löffel geht, beobachte den Prozess, schwenke den Löffel mal links herum und mal rechts herum (vielleicht scheinbar mit dem scheinbar gleichen Ergebnis), nehme mal die Hände und die Finger … und irgendwann, wie von Zauberhand, beginnt die Milch sich zu verändern … eigentlich ohne, dass ich „weiß“, welcher meiner Bemühungen der entscheidende war, welcher Schwung in welche Richtung letztendlich das erste Tröpfchen zum gerinnen gebracht hat, wo genau der Prozess der Gerinnung einsetzte. Vielleicht ist es der Wille, etwas zu bewegen, der Geist, der dem innewohnt, die Absicht, die es vermochte? So wie es im TaiCHi-Unterricht mal so oder ähnlich gehört hatte: Die Bewegung folgt der Aufmerksamkeit und die Aufmerksamkeit der Bewegung?

Mal angenommen, ich wüsste nicht, dass meine Bemühungen, die Milch zu Sahne zu schlagen, von Erfolg gekrönt sein werden. Mal angenommen, es ist mir vollkommen bewusst, dass der Löffel, das Werkzeug, das ich da an der Hand habe, „eigentlich“ viel zu klein dafür ist. Würde ich aufhören mit meinen Bemühungen? Oder würde ich damit fortfahren?
Ich glaube, ich würde dann damit fortfahren, wenn mir das Ergebnis scheiß egal wäre, einfach weil ich daran Spaß habe, wie ein irrer in der Milch zu rühren, weil ich es genieße, in Bewegung zu sein. Oder: (um das Ganze mal auf eine existenzielle Ebene zu heben): Würde ich aufhören, leben zu wollen, nur weil ich weiß, dass ich irgendwann einmal sterben muss? (Wobei wir uns jetzt natürlich wieder fragen könnten: Was Be-deutet LEBEN, welche Be-Deutung wollen wir dem WORT geben?)

Ich setze mich manchmal unter Druck, wenn ich ein Ziel verfolge, Erfolg haben möchte: Upadana, d.h. Anhaftung, wie ein Buddhist vielleicht sagen würde. Kann ich den Prozess hingegen als Spiel be-greifen, so ur-sprünglich wie ein Kind, dann … ja was dann? Vielleicht ist es das, was mit dem biblischen Zitat gemeint ist: „Wahrlich, ich sage euch: Wer nicht das Reich Gottes annimmt wie ein Kind, der wird nicht hineinkommen.“ (Matthaeus 18:3)

Ich denke da gerade auch an das Infinite-Monkey-Theorem, das besagt, dass ein Affe, der unendlich lange zufällig auf einer Schreibmaschine herumtippt, mit ziemlicher Sicherheit irgendwann alle Bücher der Nationalbibliothek Frankreichs schreiben wird. So gesehen: Irgendeiner der „Schaumschläger“ in der Milch wird schon auf die „Lösung“ kommen …



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